Ulrich Lechte

Persönliche Erklärung zum Entwurf des Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage

Erklärung der Abgeordneten Ulrich Lechte, Konstantin Kuhle, Johannes Vogel, Katrin Helling-Plahr, Dr. Jens Brandenburg, Benjamin Strasser, Daniela Kluckert und Prof. Dr. Andrew Ullmann nach § 31 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zur Schlussabstimmung am 25. März 2020 über den von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (TOP 6a) 
 
Für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung sind Krisenzeiten ein Stresstest. Die Ausbreitung des Corona-Virus in Europa und Deutschland führt zu Einschränkungen der liberalen Demokratie, die noch vor wenigen Wochen unvorstellbar gewesen wären. Durch Grenzkontrollen und Ausgangsbeschränkungen ist die Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt. Die Funktionsfähigkeit der Gerichte, bei denen sich die Bürgerinnen und Bürger über diese Maßnahmen beschweren könnten, ist ebenso beeinträchtigt wie die Möglichkeit, dagegen zu protestieren. Diese Maßnahmen sind nach dem aktuellen Stand der Erkenntnisse notwendig und verhältnismäßig, um die Ausbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen. Der Ausnahmecharakter der Maßnahmen muss jedoch gewahrt bleiben. Dies kann erreicht werden, indem bestimmte Maßnahmen durch den Gesetzgeber auf die Dauer der Krise beschränkt werden. 
 
Mit Blick auf die Möglichkeit der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, an die weitreichende Handlungsmöglichkeiten für den Bund geknüpft werden sollen, wird nach dem vorliegenden Gesetzentwurf richtigerweise der Weg einer Befristung gewählt. Hinsichtlich der Erweiterung der Rechtsgrundlage für Ausgangsbeschränkungen im Infektionsschutzgesetz erfolgt jedoch keine Befristung. Die zuständigen Behörden in den Ländern müssen in der aktuellen Krise die rechtliche Möglichkeit haben, verhältnismäßige Ausgangsbeschränkungen oder Kontaktverbote zu erlassen. Im Normalfall dürften jedoch die bestehenden Regelungen des Infektionsschutzgesetzes ausreichen.  
 
Wir stimmen dem Gesetz zu, weil der Bund auf die aktuelle Krise mit besonderen Maßnahmen reagieren können muss. Es wäre aber besser, wenn die Erweiterung der Rechtsgrundlage für Ausgangsbeschränkungen durch die Länder im Infektionsschutzgesetz entweder befristet oder rechtlich an die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite geknüpft werden würde.  
 
Nach dem Ende der aktuellen Krise sollten alle während der Krise ergriffenen legislativen und exekutiven Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene evaluiert werden – unabhängig davon, ob sie einer Befristung unterliegen oder nicht. 
 
Mit freundlichen Grüßen

Ihr Ulrich Lechte